“Seit Anfang 2010 hat sich die Finanzkrise zur (Staats-)Schuldenkrise gewandelt. Niemand sollte sich von der gängigen Rhetorik täuschen lassen: Die Defizite und öffentlichen Schulden im Euroraum sind nämlich erst infolge der diversen Bankenrettungsaktionen und Konjunkturprogramme dramatisch gestiegen. Bis zum Ausbruch der Weltfinanzkrise hatten Länder wie Portugal, Irland, Griechenland und Spanien (PIGS), die heutigen Sorgenkinder, keine Finanzprobleme, im Gegenteil: Spanien und Irland verzeichneten gar Budgetüberschüsse. Erst in der Krise erfolgte die Kehrtwende: Der ganz große Krach wurde in Europa (wie in den USA) nur durch eine extreme Ausweitung des öffentlichen Kredits verhindert. Kaum waren die Banken und Finanzkonzerne gerettet, drohten Staatspleiten – kurioserweise vorläufig nicht in den USA oder in Japan, sondern in den vergleichsweise viel geringer verschuldeten Ländern der Eurozone. […]
Mit oder ohne Rettungsschirm, die PIGS-Länder sparen auf Teufel komm raus und treiben damit ihre Volkswirtschaften immer tiefer in die Rezession. Wenn ein Land mehr als 30 Prozent seiner laufenden Steuereinnahmen für den Staatsschuldendienst (Zinsen und Tilgung) ausgeben muss, wird es gefährlich; jenseits dieser Schwelle kommt es aus der Schuldenfalle bei steigenden Zinsen nicht mehr heraus. Im Fall Griechenlands beträgt diese Quote bereits mehr als 53 Prozent, die Iren kostet der Schuldendienst fast 37 Prozent ihrer laufenden Steuereinnahmen. Spanien steht mit einer Quote von knapp 25 Prozent besser da, und die Portugiesen können mit Recht darauf verweisen, dass sie der Schuldendienst nur 15,9 Prozent der laufenden Steuereinnahmen kostet. Italien und Frankreich sind diesbezüglich in einer weit prekäreren Lage.”
https://www.blaetter.de/archiv/jahrgaenge/2011/februar/etikettenschwindel-euro-krise